Leitung Prof. Dr. Jürgen Körner
Projektlaufzeit: 1998 - 2006
letzte Berechnung 2008
Die Arbeitsgruppe „Soziale Arbeit mit delinquenten Jugendlichen“ der FU Berlin (Leitung: Prof. Dr. J. Körner) evaluiert seit 1999 neben der Denkzeit- Methode auch Soziale Trainingskurse und die Einzelfallbetreuung durch Mitarbeiter der Bewährungshilfe für Jugendliche und Heranwachsende in Berlin. Zur Berechnung der Wirksamkeit dieser drei Methoden zog sie das Straf- und Erziehungsregister heran.
Die bisher vorliegenden Zahlen zur Legalbewährung dieser Klienten belegen die signifikante Wirksamkeit der Denkzeit-Methode (vgl. Körner und Friedmann 2005, Körner 2006). Untersucht wurden drei verschiedene soziale Maßnahmen nach § 10 JGG in Berlin. Ein Teil der Arbeit hatte zum Ziel, in einem Prä-Post-Vergleich Veränderungen zu messen, die auf die Wirksamkeit dieser ambulanten Maßnahme zurückgeführt werden können. Es sollte ein Follow-Up-Zeitraum von mindestens zwei Jahren einbezogen werden. Neuere Berechnungen können allerdings einen Zeitraum von vier Jahren prä-post erhellen.
Insgesamt wurden 192 Jugendliche erfasst. Diese Jugendlichen verteilten sich auf drei unterschiedliche sozialpädagogische Betreuungsformen: Soziale Trainingskurse (N=76), Betreuung durch die Bewährungshilfe für Jugendliche und Heranwachsende (N=55) und das Sozialkognitive Einzeltraining ‚Denkzeit‘ (N=61). Zu der gesamten Kohorte wurden Bundeszentralregisterauszüge abgefragt, um die Legalbewährung zu berechnen. Im Folgenden wird hier nur das Ergebnis der Klienten dargestellt, die ein Denkzeit-Training durchlaufen hatten, auch wenn die Frage ob das Denkzeit-Training im Sinne der Rückfallquote signifikant wirksam ist, nicht die relevanteste sein kann. Wichtiger wäre zu wissen, für welchen Jugendlichen die Methode geeignet ist. Diese Frage konnte dieses Forschungsprojekt noch nicht abschließend beantworten.
Die signifikante Wirksamkeit konnte auch bei einer erneuten Berechnung 2008 mit einem Follow-Up von 4 Jahren und einer Erfassung der Straftaten 4 Jahre vor dem Trainingsbeginn sicher nachgewiesen werden. Die untersuchte Kohorte umfasste 63 zum Denkzeit-Training verurteilte Straftäter. Im Durchschnitt wurde jeder junge Mensch für 3,39 Straftaten pro Jahr vom Jugendrichter verurteilt bevor er an einem Denkzeit-Training teilnahm, danach sank dieses Quote auf durchschnittlich 1 Straftat pro Jahr pro Jugendlichem. Die Effektstärke betrug d=1.02 (Körner 2008).
Abbildung
1:
durchschnittliche Anzahl der verurteilten Straftaten
vor und nach dem Denkzeit-Training,
4 Jahre prä-post, N=63, Körner 2008
Reduziert man die Delikte um die Bagatelldelikte, wie Erschleichung von Beförderungsleistungen etc., verbessern sich die Daten der gleichen Stichprobe nochmals auf durchschnittlich 3,37 verurteilte Straftaten pro Jahr pro Jugendlichem, 4-Jahre prä und auf 0,89 verurteilte Straftaten pro Jahr pro Jugendlichem 4-Jahre post, bei einer Effektstärke von d=1.09 (Körner 2008).
Abbildung
1:
relative Anzahl der verurteilten Straftaten vor und nach dem Denkzeit-Training, 4 Jahre prä-post,
ohne Bagatelldelikte, Körner 2008
Ebenfalls berechnet wurde die gewichtete Straffälligkeit. Dazu wurde Jugendrichtern und Jugendrichterinnen eine Übersicht aller vorkommenden Straftaten gegeben, die sie nach der Schwere der Tat auf einer Skala bewerteten. Die daraus gebildeten Mittelwerte wurden mit den jeweiligen Taten der einzelnen Jugendlichen multipliziert. Die Ergebnisse zeigten auf, dass nicht nur die Quantität der Delinquenz signifikant abnahm, sondern auch die Qualität der Taten drastisch reduziert werden konnte.
Abbildung
1:
durchschnittliche Anzahl der verurteilten, gewichteten Straftaten vor und nach dem
Denkzeit-Training, 4 Jahre prä-post, Körner 2008
Mit dieser Untersuchung wurde der Beweis erbracht, dass das Denkzeit-Training eine signifikant wirksame Methode in der Arbeit für Straftäter ist. Nun gilt es eine Untersuchung anzuschließen, die den Fokus auf die Indikation legt. „Eine derartige, diagnostisch gestützte Indikation wäre sehr hilfreich, um die Wirksamkeit vorhandener Methoden zu verbessern, den Jugendlichen Misserfolge und Umwege zu ersparen und überflüssige Kosten zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass Jugendliche eine Maßnahme abbrechen, weil sie für sie die ungeeignete war“ (Körner und Friedmann 2007).
Der obige Text ist ein Auszug aus:
Friedmann R. (2015): Friedmann R. (2015): Praxisrelevante Differenzierung der Handlungsmotive von Gewalttätern, Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin